Wieder einmal macht die Ev. Kirche was sie will und ignoriert dabei die bundesweite Position der Arbeitnehmervertretungen. Ohne Beteiligung der Synode, der gesetzesgebenden Instanz im kirchlichen Bereich, hat der Rat der EKD mit Zustimmung der Kirchenkonferenz das MVG-EKD geändert. Dies ist gemäß Artikel 29 Abs. 2 der Grundordnung der EKD nur dann zulässig, wenn die Sache keinen Aufschub duldet.
Der Satz 3 des § 26 Abs. 2 MVG erhält folgende Fassung:
„Die Mitarbeitervertretung kann in ihrer Geschäftsordnung bestimmen, dass die Beschlüsse im Umlaufverfahren gefasst werden können, sofern dabei Einstimmigkeit erzielt wird.“
Dem Satz 4 des § 26 Abs. 2 MVG, sind folgende Sätze hinzugefügt worden:
„Die Teilnahme einzelner oder aller Mitglieder an Sitzungen der Mitarbeitervertretung kann im Ausnahmefall auch mittels Video- und Telefonkonferenzen erfolgen, wenn kein Mitglied der Mitarbeitervertretung unverzüglich nach Bekanntgabe der Absicht zur Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz diesem Verfahren widerspricht. Es ist sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung der Sitzung ist unzulässig. Mitglieder der Mitarbeitervertretung, die mittels Video- oder Telefonkonferenz teilnehmen, gelten als anwesend im Sinne des Absatzes 1 Satz 1. Vor Beginn der Sitzung hat der oder die Vorsitzende die Identität der zugeschalteten Mitglieder festzustellen und deren Namen in die Anwesenheitsliste einzutragen. § 25 gilt für Sitzungen mittels Video oder Telefonkonferenzen entsprechend.“
Die agmav Westfalen-Lippe hält die Änderung für überflüssig und völlig überzogen. Wir kritisieren nicht nur das Verfahren, sondern auch die Änderung des § 26 MVG inhaltlich.
Schon vor der Änderung bestand gemäß § 26 MVG die Möglichkeit, anders als im Betriebsverfassungsgesetz, Beschlüsse im Umlaufverfahren oder durch fernmündliche Absprachen zu fassen. Die Mitarbeitervertretungen waren somit auch unter Pandemiebedingungen arbeitsfähig.
Da das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Umlaufbeschlüsse und eine Zustimmungsfiktion wie im Mitarbeitervertretungsgesetz nicht kennt, musste der Bundestag das BetrVG ändern. Da den Verantwortlichen im weltlichen Bereich die Tragweite einer solchen Änderung bewusst war, wurde die Möglichkeit von Telefon- oder Videokonferenz im BetrVG nur für die Zeit der Pandemie, befristet bis zum 31.12.2020 geschaffen.
Die Ev. Kirche – wen wundert’s – schafft diese Regelung unbefristet, rückwirkend und ohne ordentliche Beteiligung der Synode. Und das auch noch ohne Eilbedürftigkeit. Zudem hat wohl kaum eine Mitarbeitervertretung die technische Ausstattung für alle Mitglieder, um eine Sitzung gemäß § 26 Abs. 2 MVG EKD mittels Videokonferenz durchführen zu können. Private Endgeräte dürfen aus datenschutzrechtlicher Sicht für die MAV-Arbeit nicht genutzt werde. Es bleibt somit offen, wie diese überflüssige Regeländerung überhaupt umgesetzt werden kann.
Die Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen im diakonischen Bereich hat nach Beratung folgenden Beschluss gefasst:
„Eine Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetz § 26 durch die gesetzliche Verankerung der Möglichkeit MAV-Sitzungen in Form von Videokonferenzen durchzuführen wird von der Bundeskonferenz abgelehnt.“
Die Stellungnahmen der Bundeskonferenz findet ihr unter: http://www.buko-diakonie.de/
Auch die Arbeitnehmerinnenseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der EKD hat diese Änderung abgelehnt. Die Stellungnahme findet ihr unter: https://www.baumann-czichon.de/2020/08/19/ekd-plant-aenderung-des-mvg-ekd/