Streiks in diakonischen Einrichtungen sind weiter rechtens.

Streiks in diakonischen Einrichtungen sind weiter rechtens.

„Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden auch zukünftig Tarifstreitigkeiten in der Diakonie nicht auf dem Rücken von Patienten, Klienten, Kindern und anderen Hilfebedürftigen ausgetragen. Der Dritte Weg in der Arbeitsrechtssetzung der Kirchen wurde – wie schon durch das BAG-Urteil – bestätigt.“

So feiert der diakonische Arbeitgeberverband VdDD auf seiner Internetseite die Ablehnung der Verfassungsbeschwerde als eine höchstrichterliche Anerkennung des kirchlich-diakonischen Streikverbots. Nun mag es verständlich sein, dass Arbeitgeber die Möglichkeit, ihren Angestellten das Streiken zu verbieten, besonders herausstellen, allerdings ist diese grundsätzliche Möglichkeit nur ein Aspekt, die Wirklichkeit ist etwas komplizierter:

Anlass für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht waren diverse Streiks in diakonischen Einrichtungen, mit denen die diakonischen Dienstgeber zu Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di dazu bewegt werden sollten, Tarifverträge für diakonische Einrichtungen abzuschließen.

Stattdessen haben zwei Landeskirchen und sieben diakonische Einrichtungen ver.di verklagt, um feststellen zu lassen, dass Gewerkschaften kein Recht haben, in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen zum Streik aufzurufen.

Zwar hat das BAG 2012 tatsächlich festgestellt, dass die Kirchen Arbeitskämpfe in diakonischen Einrichtungen ausschließen können– allerdings nur dann, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die in der aktuellen Form des „dritten Wegs“ eben nicht erfüllt sind (der VDDD behauptet zwar etwas anderes, aber inwiefern das Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz von 2013 diese Voraussetzungen erfüllen soll, ist weder gerichtlich bestätigt noch nachvollziehbar). Deshalb hat das BAG die Streiks, die im Jahr 2009 in diakonischen Einrichtungen stattfanden, ausdrücklich als rechtmäßig anerkannt.

Das brachte die Gewerkschaft in eine schwierige Position: Zwar hatte sie den Prozess gewonnen, aber aus Gründen, die sie nicht akzeptieren kann; aus gewerkschaftlicher Sicht ist es nicht hinnehmbar, dass irgendein Arbeitgeber aus welchen Gründen und unter welchen Voraussetzungen auch immer einseitig Streiks ausschließen kann.

Deshalb hat ver.di vor dem Verfassungsgericht Beschwerde erhoben- nicht gegen das Urteil als solches (dass momentan gestreikt werden darf), sondern gegen die Begründung (dass die Kirche noch nicht die Bedingungen für ein wirksames Streikverbot geschaffen hat).

Eine Beschwerde gegen die Begründung eines Urteils hält das Bundesverfassungsgericht aber nur dann für zulässig, wenn die Gründe direkt und aktuell einen Schaden für den Beschwerdeführer bedeuten. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, wurde die Beschwerde nicht angenommen. Zu der Frage, ob ein Streikverbot grundsätzlich zulässig ist, hat sich das BVerfG also überhaupt nicht geäußert. Vielmehr hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, wenn Kirche und Diakonie die vom BAG verlangten Voraussetzungen für erfüllt halten und einen wirklich stattfindenden Streik zu verbieten versuchen, eine Verfassungsbeschwerde möglich sein wird.

Kurzum: Momentan gibt es kein wirksames Streikverbot in Kirche und Diakonie. Die Belegschaften, die sich beim aktuellen gewerkschaftlichen Organisationsgrad dazu der Lage sehen, können also ihre berechtigten Interessen auch mittels Streiks durchsetzen.

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